Agil und resilient: Stadtwerke der Zukunft

4 Minuten Lesezeit
06.05.25 15:58

Individuelle Strategien für nachhaltigen Erfolg

Weder blinder Aktionismus noch Schockstarre bringen die Energiebranche weiter. Das gilt auch und gerade, weil unweigerlich massive Veränderungen auf die Stadtwerke zukommen und ihr Geschäft heute schon prägen. Einen Masterplan für die Energiewende gibt es nicht. Das eröffnet unseren Klienten die Möglichkeit, sich als Stadtwerke der Zukunft individuell und resilient zu positionieren. 

 In diesem Beitrag erfahren Sie,

  • wie die Stadtwerke der Zukunft trotz enormer und vielfältiger Unsicherheiten handlungsfähig bleiben, 
  • welche Herausforderungen sich aus der Energie- und Wärmewende ergeben 
  • und wie sie ihre Resilienz stärken können. 

 

„Alles kommt anders, als wir denken und planen. Die Zukunft ist unsicher und nicht vorhersagbar. Das müssen wir akzeptieren, das müssen wir aushalten und damit müssen wir umgehen.“ So beschrieb Christoph Müller die wenig komfortable Situation der Energiewirtschaft Anfang dieses Jahres. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Amprion GmbH, des größten deutschen Übertragungsnetzbetreibers, lud die Branche damit implizit zum Umdenken ein, denn nach wie vor fordern Verbände und Unternehmen einen verbindlichen Rahmen, in dem sie planen können. Da es diesen nicht geben wird, tun Stadtwerke gut daran, sich auf die nächsten Schritte zu konzentrieren. Zukunftssicher sind dabei Investitionen, die sich für verschiedene Szenarien eignen. 

Heute Erdgas – morgen Wasserstoff? 

Ein aktuell wieder heiß diskutiertes Thema – mit vielen Unbekannten. Schon heute beziehen Stadtwerke die Umnutzung für Wasserstoff in Investitionen in ihre Erdgasinfrastruktur ein: 

  • Die Stadtwerke Jena Netze plant, 2028 erste Industriekunden mit Wasserstoff zu beliefern. Dazu transformiert sie ihre Erdgasnetze. Die leitungsgebundene Belieferung mit Wasserstoff wird durch die Nähe zur Autobahn A4 begünstigt, denn entlang der Autobahn verläuft das geplante Wasserstoffkernnetz. 

  • Gemeinsam mit dem Gasnetzbetreiber OGE bereiten sich die Stadtwerke Essen auf den Wasserstofftransport vor. Während OGE einen Teil des bundesweiten Kernnetzes im Stadtgebiet neu baut, sollen etwa 60 Prozent des Gesamtnetzes aus umgestellten Erdgasleitungen bestehen. 

 

Erdgasinfrastruktur fuer_Wasserstoff nutzen_4M
Erdgasinfrastruktur für Wasserstoff nutzen

Abbildung 1: Überlegung – lässt sich die Energieinfrastruktur für Wasserstoff nutzen?

 

Stadtwerke der Zukunft in Spannungsfeldern 

Stadtwerke müssen mit vielfältigen, mehrdimensionalen, voneinander abhängigen und hochkomplexen Veränderungen umgehen und dürfen dabei die primären Ziele nicht aus den Augen verlieren: 

  • eine nachhaltige, also CO2-neutrale Energieversorgung, 
  • eine sichere, zuverlässige Energieversorgung 
  • und eine wirtschaftliche Leistungserbringung.
Diese Ziele lassen sich kaum unter einen Hut bringen. Die Kommunen als Eigentümer etwa erwarten von ihren Stadtwerken weiterhin hohe Ergebnisbeiträge. Überdies fordern sie eine zunehmend CO2-neutrale Energieversorgung – in vielen Kommunen bereits ab 2035. Dabei soll die Versorgungssicherheit auf Spitzenniveau bleiben. Im europäischen und weltweiten Vergleich sind wir in Deutschland mit einer durchschnittlichen jährlichen Strom-Unterbrechungsdauer pro Kunde von gerade einmal 13,7 Minuten und einer Versorgungszuverlässigkeit von 99,997 Prozent (2023) Benchmark. Nur Südkorea, Japan und die Schweiz kommen auf vergleichbare Werte.1 Gleichzeitig kostet uns die Integration der Erneuerbaren Energien circa zwei Milliarden Euro durch Redispatch-Maßnahmen und das Einspeisemanagement. Das entspricht etwa 75 Prozent der Kosten für das Netzengpassmanagement.2 Die Kommunen verlangen von den Stadtwerken eine Quadratur des Kreises. Auf den Agenden von Stadtwerken reiht sie sich ein in eine Vielzahl von Herausforderungen und Zielkonflikten. 

4M-Stadtwerke-der-Zukunft-Versorgungszuverlaessigkeit-in-D-2023-1
4M-Grafik-Stromunterbrechung 2023

Abbildung 2: Versorgungszuverlässigkeit in Deutschland in 2023 1



Im Zangengriff von Politik und Demografie 

Glücklicherweise für Europa noch undenkbar, führt uns die erratische Politik eines Donald Trump vor Augen, dass sich die Stadtwerke der Zukunft nicht auf stabile politische Rahmenbedingungen verlassen können. Hierzulande sind mit der Wärmewende nicht nur zu viele offene Fragen verbunden. Sie stößt auch auf massiven öffentlichen Widerstand. Intern droht den Unternehmen Wissensverlust, wenn die Boomer-Generation nach und nach in Rente geht.  

"Mit einiger Verzögerung schlagen die Krisen der vergangenen Jahre nun als Insolvenzen bei den Unternehmen durch."
Patrik-Ludwig Hantzsch

Leiter Creditreform Wirtschaftsforschung 


Hinzu kommt: Die Rezession relevanter Industriezweige wird sich verstärken. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erreichte mit 22.400 Fällen 2024 ein Neun-Jahres-Hoch3. Selbst eine Weltwirtschaftskrise scheint nicht mehr ausgeschlossen. 



Herausforderung Energie- und Wärmewende 

Durch die Gefahr sinkender Einnahmen, verbunden mit der Notwendigkeit hoher Investitionen, kommen mit der Energie- und Wärmewende enorme Herausforderungen auf die Stadtwerke zu: 

  • Der Ergebnisbeitrag des Gasgeschäfts wird sinken, auch wenn die zeitliche Dimension noch nicht absehbar ist. Der Verlust muss durch Mehreinnahmen des Strom-, Wärme- und EDL-Geschäfts kompensiert werden. 
  • Die notwendigen Investitionen in die Netzinfrastruktur für Strom- und Wärmenetze werden enorm sein. 
  • Je nach Geschäftsmodell erfordert der Ausbau erneuerbarer Energien zusätzlich hohe Investitionen, bietet aber gleichzeitig deutliches Ergebnispotenzial
  • Auch der Bedarf an Energiespeicherkapazität wirft noch viele Fragen auf. Allerdings liegt auch hier Ergebnispotenzial. 
  • Die Möglichkeiten der Automatisierung und Digitalisierung sind noch lange nicht ausgeschöpft. Der KI-Einsatz steht in den Anfängen.  

4M-Grafik-Führungskräfte aus Energiebranche (1)
Aussendienst

 

Standortbestimmung 

Stadtwerke sind nun gefordert, sich ein klares Bild der eigenen Situation zu verschaffen. Sie werden dabei nicht umhinkommen, ihre Geschäftsfelder zu überprüfen und gegebenenfalls Bereiche abzugeben. Zugleich gilt es, Antworten zu finden auf dringende Herausforderungen: 

  • Welche Geschäftsfelder geben wir auf? Was müssen wir neu oder anders machen? Wo setzen wir an? 
  • Wie gelingt der Wissenstransfer innerhalb der Belegschaft und dies insbesondere, wenn nun die Babyboomer nach und nach das Feld räumen? 
  • Welche Prozesse lassen sich digitalisieren und automatisieren? 
  • Wo müssen wir Kooperationen und Partnerschaften in neuen Dimensionen aufbauen? 
  • Haben wir das richtige Mindset/die notwendige Kultur, um den zukünftigen Herausforderungen begegnen zu können? 

 

Resilienz bewerten und kontrollieren 

Gemeinsam mit unseren Klienten können wir in alle Handlungsfelder einsteigen. Ein erster Schritt kann eine Überprüfung der Resilienz der Organisation sein, um möglichst praktische Maßnahme zu deren Stärkung abzuleiten. So sind sie in der Lage, besser mit Risiken und diversen Unsicherheiten umzugehen. In Form eines strukturierten und effizienten Prozesses überprüfen wir hinsichtlich ihres Resilienz-Grades die 

  • Strategie, 
  • Struktur, 
  • Prozesse, 
  • Produkte 
  • und Mitarbeiter.

Neben der quantitativen Analyse der Resilienz hat sich das langfristige Monitoring als wertvolles Instrument erwiesen. Stadtwerke gewinnen auf diese Weise ein sicheres Gespür dafür, wo sie stehen und welche Projekte sie in einem planbaren Horizont angehen sollten. 


Quellen:
1 https://www.vde.com/de/fnn/arbeitsgebiete/versorgungsqualitaet/versorgungszuverlaessigkeit
2 https://www.smard.de/page/home/topic-article/444/216636
3 https://www.marktundmittelstand.de/finanzen/pleitewelle


Wie resilient ist Ihre Organisation?

Nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf und finden Sie heraus, wie es um Ihre Zukunftsfähigkeit bestellt ist.

In einem strukturierten Verfahren ermitteln wir mehrdimensional die Resilienz und unterstützen Sie beim Monitoring.

 

Der nächste Beitrag wartet bereits auf Sie

Transformation der Stadtwerke

Sie möchten darüber informiert werden, sobald der nächste Beitrag online geht?
Dann melden Sie sich gleich zu unserem Blog-Update an und Sie werden per E-Mail benachrichtigt!

>> Zur Anmeldung für das Blog-Update

 

4M-Team-Christoph-Schrader (1)
Über den Autor
CHRISTOPH SCHRADER
Experte für die Transformation der Energiewirtschaft
Geschäftsführer & Gesellschafter von FourManagement

"Seit mehr als 25 Jahren bin ich mit Überzeugung in der Energiewirtschaft aktiv – einer Branche, die das Herz und die Lebensader der deutschen Wirtschaft bildet und die in den nächsten Jahren vor einem massiven Wandel mit vielfältigen und notwendigen Veränderungen stehen wird. Diesen Veränderungsprozess in all seinen Facetten aktiv mitzugestalten begeistert mich und genau hierbei möchte ich mit meinem TE4M der FourManagement unseren Klienten helfen, die nachhaltige Transformation der Energiewirtschaft voranzutreiben."