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Mission possible: Transformation Stadtwerke

Geschrieben von Dennis Kühn | 11.06.25 11:17

Zukunftsfähige Geschäftsmodelle für stabile Erträge 

Kommunale Versorger sind zur Organisationsentwicklung verdammt. Historisch gewachsen, müssen sie oftmals einen weiten Weg zurücklegen, um zukunftsfähige Geschäftsmodelle umzusetzen. Richtig weit, also bereits bei der Umsetzung der Transformation, sind nicht einmal 30 Prozent der Stadtwerke1. Ein Viertel befindet sich noch in der Analysephase. Nicht zuletzt wegen der Wärme- und Energiewende drängt die Zeit. Die Notwendigkeit zur Transformation sehen auch die Stadtwerke so. 83 Prozent sehen für das Jahr 2025 die Optimierung von internen Prozessen als Fokus an2. Wir skizzieren Lösungen, um festgefahrene Strukturen zu überwinden und die Erträge zu steigern.  

 

Ergebnisprobleme der Stadtwerke als Treiber 

Viele Stadtwerke wenden sich mit Transformationsnotwendigkeiten an uns. Neben marktseitig oder regulatorisch induzierten Bedarfen zur Transformation ist ein bestehendes oder drohendes Ergebnisproblem oft der Haupttreiber. Bei der Bewertung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle betrachten wir, welche Anforderungen zur effizienten Durchführung bestehen, wo Stadtwerke Kosten senken können und welche neuen oder bestehenden Felder Wachstum versprechen. Dabei nehmen wir die Ergebnisziele der nächsten Jahre in den Blick und schauen etwa bis 2035. 

 

In vielen Projekten geht es im ersten Schritt auch darum, im Rahmen der Organisationsentwicklung kommunaler Versorger die Voraussetzungen für die Transformation zu schaffen. 

Denn die zukünftigen Geschäftsfelder für Stadtwerke sind in der Branche größtenteils seit Jahren bekannt. Vielmehr geht es darum, wie diese Geschäftsfelder konkret abgewickelt werden und wie die Ablauf- und Aufbauorganisation ausgestaltet werden muss. Und es geht auch darum, welche Dinge man bewusst nicht mehr tut.  

Zu diesem Zweck ermutigen wir dazu, in der gesamten Organisation mehr unternehmerisches Denken zu wagen. Denn allzu häufig treffen wir auf hierarchische Strukturen, die in volatilen Zeiten eher lähmen als Stabilität zu garantieren. 

 

Geschäftsfeld- und Prozessverantwortung 

Ist es vielerorts bis heute üblich, dass die Geschäftsführung oder der Vorstand nahezu alles entscheidet, bietet es sich an, die zweite und dritte Führungsebene in die Pflicht zu nehmen. Abhängig von den individuellen Gegebenheiten können die Führungskräfte für unterschiedliche Geschäftsfelder eine E2E-Verantwortung, zum Beispiel im Sinne eines Profit Centers, übernehmen und diese entwickeln. Die Transformation der Stadtwerke erfordert von der Organisationsentwicklung, dass sich die Mitarbeiter weniger als Ausführende vorgegebener Entscheidungen, sondern als Akteure in einer wettbewerbsintensiven Branche verstehen.  

Die Ablösung traditioneller Funktionsbereiche durch eine Organisation, die sich an den Geschäftsprozessen (Prozessorganisation) orientiert, kann dabei unterstützen. Ebenso ist es sinnvoll, die Wertschöpfungstiefe je Geschäftsprozess zu überprüfen, um die eigenen Ressourcen in den geschäftskritischen Kernfähigkeiten bestmöglich einzusetzen. 

Dadurch entstehen neue Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeiter sowie neue Rollenprofile. Der demografische Wandel spielt hierbei eine bemerkenswerte Rolle, die jedoch als Chance zu verstehen ist. Mit Blick auf die strategische Personalentwicklung ist es ratsam, frei werdende Stellen nicht reflexartig oder aus historischen Gründen nachzubesetzen, sondern jede frei werdende Stelle wie eine neu zu schaffende Stelle zu behandeln. Dabei sollte überprüft werden, ob Aufgaben umzustrukturieren sind oder durch digitale Lösungen aufgefangen werden können. 

Dies sind Beispiele für die Maßnahmen, die eine Transformation der Stadtwerke umsetzbar machen. Eine notwendige Veränderung der Haltung, der Kultur und der Arbeitsweisen kann jedoch nur gelingen, wenn eine spürbare – und oftmals zunächst schmerzhafte – Veränderung in der Sache und in der Organisation stattfindet.  

Solange die Möglichkeit besteht, wie gestern oder heute zu arbeiten, wird das auch morgen der Fall sein. Die Folge ist, dass im Transformationsvorhaben primär die Blindleistung statt der Wirkleistung erhöht wird. 



Wirtschaftlichkeit zukunftsfähiger Geschäftsmodelle 

EVUs können ihre Erträge stabilisieren oder sogar steigern, indem sie ihre Geschäftsfelder sinnvoll definieren, individuell strategisch ausrichten und kontinuierlich steuern. Dabei ist eine unterschiedliche Steuerung von Bestandsgeschäft (z. B. Commodity oder Netzinfrastruktur) und potenziellen Wachstumsfeldern (z. B. Betriebsführungen oder Energiedienstleistungen) zu empfehlen.

Oftmals verschenken EVUs Potenzial, weil sie die Sparte Wärme nicht integriert betrachten. Vor allem mit Blick auf die Wärmewende wäre es in vielen Fällen ein zukunftsfähigeres Geschäftsmodell, die verschiedenen Funktionen in einer Einheit zu bündeln. In einer aktuellen Studie halten 54 Prozent 4 der Branchenvertreter eine eigenständige Wärmeorganisation, die technische und vertriebliche Funktionen vereint, für ein geeignetes Mittel, um den Wärmehochlauf zu beschleunigen. So lassen sich Erzeugungs- und Netzkapazität sowie die Kundennachfrage aufeinander abstimmen. 

 

Generell senkt eine Aufteilung der Geschäftsfelder nach Sparten die Kosten und erhöht vor allem sowohl die Transparenz als auch die Effizienz der Leistungserbringung. Bei vielen unserer Klienten zeigt eine solche Betrachtung bereits auf, wie sinnvoll sie Ressourcen einsetzen. Auf dieser Grundlage können Stadtwerke klären, wohin sie die Transformation führen soll: Von welchen Geschäftsfelder sollten sie sich besser trennen? Wo können sie das Portfolio erweitern? Wie werden diese Geschäftsfelder gesteuert? Sind diese Fragen geklärt, lässt sich die Aufbau- und Ablauforganisation anpassen und die Transformationsumsetzung vorantreiben. 

Übrigens: Ein „One-Solution-fits-all“ Ansatz ist nicht zielführend. Politische, strukturelle und regionale Unterschiede der Stadtwerke liefern häufig unterschiedliche Lösung:  

  • Können sich Stadtwerke zusammenschließen, um beispielsweise ein gemeinsames Erzeugungsportfolio aufzubauen und zu betreiben?

  • Lassen sich aus Industrieansiedlungen Synergien entwickeln, etwa durch die Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren? Bieten sich weitere Möglichkeiten der industriellen Wärme- oder Energiegewinnung an? Welche Potenziale bieten die konkreten Gegebenheiten vor Ort? 

  • Ist das Gebiet geeignet für Geothermie? Liegen ausreichend Grundstücke für geeignete Bohrstellen vor? 

Bei der Modernisierung kommunaler Energieversorger ist erlaubt, was sich nachhaltig rechnet. Zwar können Best Practices als Anregung dienen, doch angesichts der Vielfalt zukunftsfähiger Geschäftsmodelle sowie der Komplexität und Volatilität der Rahmenbedingungen ist jedes Stadtwerk gefordert, seinen eigenen Weg zu gehen. Wir begleiten Sie gerne als Ihr branchenerfahrener Sparringpartner bei der Transformation Ihres Stadtwerks. 

Quellen:
1,3 ,4 Deloitte: Aktuelle Umfrageergebnisse zum Stand der Wärmewende in Deutschland, 2024 
2 EY und BDEW Stadtwerkestudie 2025